Direkter Beweis für effiziente ultraschnelle Ladungstrennung in epitaktischen WS2/Graphen-Heterostrukturen

Wir verwenden zeit- und winkelaufgelöste Photoemissionsspektroskopie (tr-ARPES), um den ultraschnellen Ladungstransfer in einer epitaktischen Heterostruktur aus einer Monolage WS2 und Graphen zu untersuchen. Diese Heterostruktur kombiniert die Vorteile eines Halbleiters mit direkter Bandlücke, starker Spin-Bahn-Kopplung und starker Licht-Materie-Wechselwirkung mit denen eines Halbmetalls, das masselose Ladungsträger mit extrem hoher Mobilität und langen Spin-Lebensdauern enthält. Wir stellen fest, dass nach Photoanregung bei Resonanz mit dem A-Exziton in WS2 die photoangeregten Löcher schnell in die Graphenschicht übergehen, während die photoangeregten Elektronen in der WS2-Schicht verbleiben. Der resultierende ladungsgetrennte Übergangszustand hat eine Lebensdauer von ca. 1 ps. Wir führen unsere Ergebnisse auf Unterschiede im Streuphasenraum zurück, die durch die relative Ausrichtung der WS2- und Graphenbänder verursacht werden, wie durch hochauflösende ARPES aufgedeckt wurde. In Kombination mit spinselektiver optischer Anregung könnte die untersuchte WS2/Graphen-Heterostruktur eine Plattform für eine effiziente optische Spininjektion in Graphen bieten.

Die Verfügbarkeit einer Vielzahl unterschiedlicher zweidimensionaler Materialien ermöglicht die Herstellung neuartiger, extrem dünner Heterostrukturen mit völlig neuen Funktionalitäten auf Basis maßgeschneiderter dielektrischer Abschirmung und verschiedener proximitätsinduzierter Effekte (1–3). Proof-of-Principle-Bauelemente für zukünftige Anwendungen in der Elektronik und Optoelektronik wurden bereits realisiert (4–6).

Hier konzentrieren wir uns auf epitaktische Van-der-Waals-Heterostrukturen bestehend aus einer Monolage WS2, einem Halbleiter mit direkter Bandlücke und starker Spin-Bahn-Kopplung sowie einer beträchtlichen Spinaufspaltung der Bandstruktur aufgrund gebrochener Inversionssymmetrie (7), und einer Monolage Graphen, einem Halbmetall mit konischer Bandstruktur und extrem hoher Ladungsträgerbeweglichkeit (8), gewachsen auf wasserstoffterminiertem SiC(0001). Erste Hinweise auf ultraschnellen Ladungstransfer (9–15) und durch Nähe induzierte Spin-Bahn-Kopplungseffekte (16–18) machen WS2/Graphen und ähnliche Heterostrukturen zu vielversprechenden Kandidaten für zukünftige optoelektronische (19) und optospintronische (20) Anwendungen.

Wir wollten die Relaxationspfade photogenerierter Elektron-Loch-Paare in WS2/Graphen mittels zeit- und winkelaufgelöster Photoemissionsspektroskopie (tr-ARPES) aufdecken. Dazu regen wir die Heterostruktur mit 2-eV-Pumppulsen an, die mit dem A-Exziton in WS2 (21, 12) resonant sind, und emittieren Photoelektronen mit einem zweiten zeitverzögerten Probepuls bei 26 eV Photonenenergie. Wir bestimmen die kinetische Energie und den Emissionswinkel der Photoelektronen mit einem hemisphärischen Analysator als Funktion der Pump-Probe-Verzögerung, um Zugang zur impuls-, energie- und zeitaufgelösten Ladungsträgerdynamik zu erhalten. Die Energie- und Zeitauflösung beträgt 240 meV bzw. 200 fs.

Unsere Ergebnisse liefern direkte Beweise für ultraschnellen Ladungstransfer zwischen den epitaktisch ausgerichteten Schichten und bestätigen erste Hinweise auf rein optische Techniken in ähnlichen manuell zusammengesetzten Heterostrukturen mit beliebiger azimutaler Ausrichtung der Schichten (9–15). Darüber hinaus zeigen wir, dass dieser Ladungstransfer stark asymmetrisch ist. Unsere Messungen enthüllen einen bisher nicht beobachteten ladungsgetrennten Übergangszustand mit photoangeregten Elektronen und Löchern in der WS2- bzw. Graphenschicht, der ca. 1 ps besteht. Wir interpretieren unsere Ergebnisse im Hinblick auf Unterschiede im Streuphasenraum für Elektronen- und Lochtransfer, die durch die relative Ausrichtung der WS2- und Graphenbänder verursacht werden, wie durch hochauflösende ARPES aufgedeckt. Kombiniert mit spin- und talselektiver optischer Anregung (22–25) könnten WS2/Graphen-Heterostrukturen eine neue Plattform für effiziente ultraschnelle optische Spininjektion in Graphen bieten.

Abbildung 1A zeigt eine hochauflösende ARPES-Messung der Bandstruktur entlang der ΓK-Richtung der epitaktischen WS2/Graphen-Heterostruktur, die mit einer Heliumlampe durchgeführt wurde. Der Dirac-Kegel ist lochdotiert, wobei der Dirac-Punkt ca. 0,3 eV über dem chemischen Gleichgewichtspotential liegt. Die Spitze des spinaufgespaltenen WS2-Valenzbandes liegt ca. 1,2 eV unter dem chemischen Gleichgewichtspotential.

(A) Gleichgewichtsphotostrom, gemessen entlang der ΓK-Richtung mit einer unpolarisierten Heliumlampe. (B) Photostrom für negative Pump-Probe-Verzögerung, gemessen mit p-polarisierten extrem ultravioletten Pulsen bei 26 eV Photonenenergie. Gestrichelte graue und rote Linien markieren die Position der Linienprofile, die zur Extraktion der transienten Peakpositionen in Abb. 2 verwendet wurden. (C) Pumpinduzierte Änderungen des Photostroms 200 fs nach Photoanregung bei einer Pumpphotonenenergie von 2 eV und einer Pumpfluenz von 2 mJ/cm². Gewinn und Verlust von Photoelektronen sind rot bzw. blau dargestellt. Die Kästchen markieren den Integrationsbereich der in Abb. 3 dargestellten Pump-Probe-Kurven.

Abbildung 1B zeigt eine tr-ARPES-Momentaufnahme der Bandstruktur nahe den WS2- und Graphen-K-Punkten, gemessen mit 100-fs-Extrem-Ultraviolett-Pulsen bei 26 eV Photonenenergie und negativer Pump-Probe-Verzögerung vor Eintreffen des Pump-Pulses. Die Spinaufspaltung wird hier aufgrund der Probenzersetzung und des 2-eV-Pump-Pulses, der eine Raumladungsverbreiterung der spektralen Merkmale verursacht, nicht aufgelöst. Abbildung 1C zeigt die pumpinduzierten Änderungen des Fotostroms im Vergleich zu Abbildung 1B bei einer Pump-Probe-Verzögerung von 200 fs, bei der das Pump-Probe-Signal sein Maximum erreicht. Rote und blaue Farben zeigen jeweils die Zunahme und Abnahme von Fotoelektronen an.

Um diese reichhaltige Dynamik genauer zu analysieren, bestimmen wir zunächst die vorübergehenden Spitzenpositionen des WS2-Valenzbandes und des Graphen-π-Bandes entlang der gestrichelten Linien in Abb. 1B, wie in den ergänzenden Materialien ausführlich erläutert. Wir stellen fest, dass sich das WS2-Valenzband um 90 meV nach oben verschiebt (Abb. 2A) und das Graphen-π-Band um 50 meV nach unten verschiebt (Abb. 2B). Die exponentielle Lebensdauer dieser Verschiebungen beträgt 1,2 ± 0,1 ps für das Valenzband von WS2 und 1,7 ± 0,3 ps für das Graphen-π-Band. Diese Spitzenverschiebungen liefern erste Hinweise auf eine vorübergehende Aufladung der beiden Schichten, bei der zusätzliche positive (negative) Ladung die Bindungsenergie der elektronischen Zustände erhöht (verringert). Beachten Sie, dass die Hochverschiebung des WS2-Valenzbandes für das ausgeprägte Pump-Probe-Signal in dem durch das schwarze Kästchen in Abb. 1C markierten Bereich verantwortlich ist.

Änderung der Peakposition des WS2-Valenzbandes (A) und des Graphen-π-Bandes (B) als Funktion der Pump-Probe-Verzögerung zusammen mit exponentiellen Anpassungen (dicke Linien). Die Lebensdauer der WS2-Verschiebung in (A) beträgt 1,2 ± 0,1 ps. Die Lebensdauer der Graphen-Verschiebung in (B) beträgt 1,7 ± 0,3 ps.

Als nächstes integrieren wir das Pump-Probe-Signal über die durch die farbigen Kästchen in Abb. 1C gekennzeichneten Bereiche und stellen die resultierenden Zählwerte als Funktion der Pump-Probe-Verzögerung in Abb. 3 dar. Kurve 1 in Abb. 3 zeigt die Dynamik der photoangeregten Träger nahe der Unterseite des Leitungsbandes der WS2-Schicht mit einer Lebensdauer von 1,1 ± 0,1 ps, die aus einer exponentiellen Anpassung an die Daten gewonnen wurde (siehe ergänzende Materialien).

Pump-Probe-Kurven als Funktion der Verzögerung, erhalten durch Integration des Fotostroms über den in Abb. 1C durch die Kästchen gekennzeichneten Bereich. Die dicken Linien sind exponentielle Anpassungen der Daten. Kurve (1) Vorübergehende Trägerpopulation im Leitungsband von WS2. Kurve (2) Pump-Probe-Signal des π-Bandes von Graphen oberhalb des chemischen Gleichgewichtspotentials. Kurve (3) Pump-Probe-Signal des π-Bandes von Graphen unterhalb des chemischen Gleichgewichtspotentials. Kurve (4) Netto-Pump-Probe-Signal im Valenzband von WS2. Die Lebensdauern betragen 1,2 ± 0,1 ps in (1), 180 ± 20 fs (Verstärkung) und ∼2 ps (Verlust) in (2) und 1,8 ± 0,2 ps in (3).

In den Kurven 2 und 3 von Abb. 3 zeigen wir das Pump-Probe-Signal des Graphen-π-Bandes. Wir stellen fest, dass die Verstärkung von Elektronen über dem chemischen Gleichgewichtspotential (Kurve 2 in Abb. 3) eine viel kürzere Lebensdauer (180 ± 20 fs) hat als der Verlust von Elektronen unter dem chemischen Gleichgewichtspotential (1,8 ± 0,2 ps in Kurve 3 Abb. 3). Außerdem zeigt sich, dass die anfängliche Verstärkung des Fotostroms in Kurve 2 von Abb. 3 bei t = 400 fs in einen Verlust umschlägt, mit einer Lebensdauer von ∼2 ps. Die Asymmetrie zwischen Verstärkung und Verlust fehlt im Pump-Probe-Signal von unbedecktem einlagigem Graphen (siehe Abb. S5 in den ergänzenden Materialien), was darauf hindeutet, dass die Asymmetrie eine Folge der Zwischenschichtkopplung in der WS2/Graphen-Heterostruktur ist. Die Beobachtung eines kurzzeitigen Anstiegs und eines langzeitigen Verlusts oberhalb bzw. unterhalb des chemischen Gleichgewichtspotentials deutet darauf hin, dass Elektronen bei Photoanregung der Heterostruktur effizient aus der Graphenschicht entfernt werden. Dadurch wird die Graphenschicht positiv geladen, was mit der in Abb. 2B gezeigten Zunahme der Bindungsenergie des π-Bandes übereinstimmt. Die Abwärtsverschiebung des π-Bandes entfernt den hochenergetischen Ausläufer der Fermi-Dirac-Verteilung oberhalb des chemischen Gleichgewichtspotentials, was den Vorzeichenwechsel des Pump-Probe-Signals in Kurve 2 von Abb. 3 teilweise erklärt. Wir werden weiter unten zeigen, dass dieser Effekt durch den vorübergehenden Elektronenverlust im π-Band noch verstärkt wird.

Dieses Szenario wird durch das Netto-Pump-Probe-Signal des Valenzbandes von WS2 in Kurve 4 von Abb. 3 gestützt. Diese Daten wurden durch Integration der Zählungen über den durch den schwarzen Kasten in Abb. 1B dargestellten Bereich gewonnen, der die aus dem Valenzband bei allen Pump-Probe-Verzögerungen photoemittierten Elektronen erfasst. Innerhalb der experimentellen Fehlerbalken finden wir bei keiner Pump-Probe-Verzögerung Hinweise auf das Vorhandensein von Löchern im Valenzband von WS2. Dies deutet darauf hin, dass diese Löcher nach der Photoanregung in einer im Vergleich zu unserer zeitlichen Auflösung kurzen Zeitskala schnell wieder aufgefüllt werden.

Um unsere Hypothese der ultraschnellen Ladungstrennung in der WS2/Graphen-Heterostruktur endgültig zu beweisen, bestimmen wir die Anzahl der in die Graphenschicht übertragenen Löcher, wie in den Zusatzmaterialien ausführlich beschrieben. Kurz gesagt: Die transiente elektronische Verteilung des π-Bandes wurde mit einer Fermi-Dirac-Verteilung angepasst. Die Anzahl der Löcher wurde anschließend aus den resultierenden Werten für das transiente chemische Potenzial und die elektronische Temperatur berechnet. Das Ergebnis ist in Abb. 4 dargestellt. Wir stellen fest, dass insgesamt etwa 5 × 1012 Löcher/cm2 von WS2 auf Graphen übertragen werden, mit einer exponentiellen Lebensdauer von 1,5 ± 0,2 ps.

Änderung der Anzahl der Löcher im π-Band als Funktion der Pump-Probe-Verzögerung zusammen mit exponentieller Anpassung, was eine Lebensdauer von 1,5 ± 0,2 ps ergibt.

Aus den Erkenntnissen in Abb. 2 bis 4 ergibt sich das folgende mikroskopische Bild des ultraschnellen Ladungstransfers in der WS2/Graphen-Heterostruktur (Abb. 5). Durch Photoanregung der WS2/Graphen-Heterostruktur bei 2 eV wird hauptsächlich das A-Exziton in WS2 besetzt (Abb. 5A). Zusätzliche elektronische Anregungen über den Dirac-Punkt in Graphen sowie zwischen WS2 und Graphenbändern sind energetisch möglich, aber erheblich weniger effizient. Die photoangeregten Löcher im Valenzband von WS2 werden in einer Zeitskala, die im Vergleich zu unserer zeitlichen Auflösung kurz ist, durch Elektronen aus dem Graphen-π-Band wieder aufgefüllt (Abb. 5A). Die photoangeregten Elektronen im Leitungsband von WS2 haben eine Lebensdauer von ca. 1 ps (Abb. 5B). Es dauert jedoch ca. 2 ps, um die Löcher im Graphen-π-Band wieder aufzufüllen (Abb. 5B). Dies deutet darauf hin, dass neben dem direkten Elektronentransfer zwischen dem WS2-Leitungsband und dem Graphen-π-Band zusätzliche Relaxationswege – möglicherweise über Defektzustände (26) – berücksichtigt werden müssen, um die gesamte Dynamik zu verstehen.

(A) Photoanregung bei Resonanz mit dem WS2 A-Exziton bei 2 eV injiziert Elektronen in das Leitungsband von WS2. Die entsprechenden Löcher im Valenzband von WS2 werden augenblicklich durch Elektronen aus dem Graphen-π-Band wieder aufgefüllt. (B) Die photoangeregten Träger im Leitungsband von WS2 haben eine Lebensdauer von ca. 1 ps. Die Löcher im Graphen-π-Band haben eine Lebensdauer von ca. 2 ps, was auf die Bedeutung zusätzlicher Streukanäle hinweist, die durch gestrichelte Pfeile gekennzeichnet sind. Schwarze gestrichelte Linien in (A) und (B) zeigen Bandverschiebungen und Änderungen des chemischen Potenzials an. (C) Im Übergangszustand ist die WS2-Schicht negativ geladen, während die Graphenschicht positiv geladen ist. Bei spinselektiver Anregung mit zirkular polarisiertem Licht wird erwartet, dass die photoangeregten Elektronen in WS2 und die entsprechenden Löcher in Graphen entgegengesetzte Spinpolarisation aufweisen.

Im Übergangszustand befinden sich die photoangeregten Elektronen im Leitungsband von WS2, während sich die photoangeregten Löcher im π-Band von Graphen befinden (Abb. 5C). Das bedeutet, dass die WS2-Schicht negativ und die Graphenschicht positiv geladen ist. Dies erklärt die vorübergehenden Peakverschiebungen (Abb. 2), die Asymmetrie des Graphen-Pump-Probe-Signals (Kurven 2 und 3 in Abb. 3), das Fehlen von Löchern im Valenzband von WS2 (Kurve 4 in Abb. 3) sowie die zusätzlichen Löcher im Graphen-π-Band (Abb. 4). Die Lebensdauer dieses ladungsgetrennten Zustands beträgt ca. 1 ps (Kurve 1 in Abb. 3).

Ähnliche ladungsgetrennte Übergangszustände wurden in verwandten Van-der-Waals-Heterostrukturen aus zwei Halbleitern mit direkter Bandlücke und Typ-II-Bandausrichtung sowie versetzter Bandlücke beobachtet (27–32). Nach der Photoanregung bewegten sich die Elektronen und Löcher rasch zum unteren Ende des Leitungsbandes bzw. zum oberen Ende des Valenzbandes, die sich in unterschiedlichen Schichten der Heterostruktur befinden (27–32).

Im Fall unserer WS2/Graphen-Heterostruktur befindet sich die energetisch günstigste Position für Elektronen und Löcher am Fermi-Niveau in der metallischen Graphenschicht. Man würde daher erwarten, dass sowohl Elektronen als auch Löcher schnell in das Graphen-π-Band übergehen. Unsere Messungen zeigen jedoch eindeutig, dass der Lochtransfer (<200 fs) viel effizienter ist als der Elektronentransfer (∼1 ps). Wir führen dies auf die relative energetische Ausrichtung der WS2- und Graphenbänder zurück, wie in Abb. 1A gezeigt, die eine größere Anzahl verfügbarer Endzustände für den Lochtransfer bietet als für den Elektronentransfer, wie kürzlich in (14, 15) erwartet. Im vorliegenden Fall liegen der Graphen-Dirac-Punkt und das chemische Gleichgewichtspotential bei einer angenommenen WS2-Bandlücke von ∼2 eV jeweils ∼0,5 und ∼0,2 eV über der Mitte der WS2-Bandlücke Wir stellen fest, dass die Anzahl der verfügbaren Endzustände für den Lochtransfer etwa sechsmal größer ist als für den Elektronentransfer (siehe ergänzende Materialien), weshalb der Lochtransfer voraussichtlich schneller ist als der Elektronentransfer.

Ein vollständiges mikroskopisches Bild des beobachteten ultraschnellen asymmetrischen Ladungstransfers sollte jedoch auch die Überlappung zwischen den Orbitalen berücksichtigen, die die A-Exzitonen-Wellenfunktion in WS2 bzw. das Graphen-π-Band bilden, verschiedene Elektron-Elektron- und Elektron-Phonon-Streukanäle einschließlich der Beschränkungen durch Impuls-, Energie-, Spin- und Pseudospin-Erhaltung, den Einfluss von Plasmaschwingungen (33) sowie die Rolle einer möglichen Verschiebungsanregung kohärenter Phononenschwingungen, die den Ladungstransfer vermitteln könnten (34, 35). Zudem lässt sich spekulieren, ob der beobachtete Ladungstransferzustand aus Ladungstransfer-Exzitonen oder freien Elektron-Loch-Paaren besteht (siehe ergänzende Materialien). Zur Klärung dieser Fragen sind weitere theoretische Untersuchungen erforderlich, die über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen.

Zusammenfassend haben wir tr-ARPES verwendet, um den ultraschnellen Ladungstransfer zwischen den Schichten in einer epitaktischen WS2/Graphen-Heterostruktur zu untersuchen. Wir stellten fest, dass bei Resonanzanregung mit dem A-Exziton von WS2 bei 2 eV die photoangeregten Löcher schnell in die Graphenschicht übergehen, während die photoangeregten Elektronen in der WS2-Schicht verbleiben. Wir führten dies darauf zurück, dass die Zahl der verfügbaren Endzustände für den Lochtransfer größer ist als für den Elektronentransfer. Die Lebensdauer des ladungsgetrennten Übergangszustands betrug ∼1 ps. In Kombination mit spinselektiver optischer Anregung mit zirkular polarisiertem Licht (22–25) könnte der beobachtete ultraschnelle Ladungstransfer von einem Spintransfer begleitet sein. In diesem Fall könnte die untersuchte WS2/Graphen-Heterostruktur für eine effiziente optische Spininjektion in Graphen verwendet werden, was zu neuartigen optospintronischen Geräten führen würde.

Die Graphenproben wurden auf handelsüblichen halbleitenden 6H-SiC(0001)-Wafern der SiCrystal GmbH gezüchtet. Die N-dotierten Wafer waren on-axis mit einem Schnittfehler von unter 0,5°. Das SiC-Substrat wurde wasserstoffgeätzt, um Kratzer zu entfernen und regelmäßige, flache Terrassen zu erhalten. Die saubere und atomar flache Si-terminierte Oberfläche wurde anschließend durch 8-minütiges Glühen der Probe in einer Argon-Atmosphäre bei 1300 °C graphitiert (36). Auf diese Weise erhielten wir eine einzelne Kohlenstoffschicht, in der jedes dritte Kohlenstoffatom eine kovalente Bindung zum SiC-Substrat bildete (37). Diese Schicht wurde anschließend durch Wasserstoffinterkalation in vollständig sp2-hybridisiertes, quasi freistehendes, lochdotiertes Graphen umgewandelt (38). Diese Proben werden als Graphen/H-SiC(0001) bezeichnet. Der gesamte Prozess wurde in einer handelsüblichen Black Magic-Wachstumskammer von Aixtron durchgeführt. Das WS2-Wachstum wurde in einem Standard-Heißwandreaktor durch chemische Gasphasenabscheidung bei niedrigem Druck (39, 40) unter Verwendung von WO3- und S-Pulvern mit einem Massenverhältnis von 1:100 als Vorläufer durchgeführt. Die WO3- und S-Pulver wurden bei 900 bzw. 200 °C gehalten. Das WO3-Pulver wurde nahe am Substrat platziert. Argon wurde als Trägergas mit einem Fluss von 8 sccm verwendet. Der Druck im Reaktor wurde bei 0,5 mbar gehalten. Die Proben wurden mit Sekundärelektronenmikroskopie, Rasterkraftmikroskopie, Raman- und Photolumineszenzspektroskopie sowie Niederenergie-Elektronenbeugung charakterisiert. Diese Messungen enthüllten zwei verschiedene einkristalline WS2-Domänen, bei denen entweder die ΓK- oder die ΓK'-Richtung mit der ΓK-Richtung der Graphenschicht ausgerichtet ist. Die Domänenseitenlängen variierten zwischen 300 und 700 nm und die gesamte WS2-Abdeckung wurde auf etwa 40 % geschätzt, was für die ARPES-Analyse geeignet ist.

Die statischen ARPES-Experimente wurden mit einem halbkugelförmigen Analysator (SPECS PHOIBOS 150) unter Verwendung eines CCD-Detektor-Systems zur zweidimensionalen Detektion von Elektronenenergie und -impuls durchgeführt. Für alle Photoemissionsexperimente wurde unpolarisierte, monochromatische He Iα-Strahlung (21,2 eV) einer Hochfluss-He-Entladungsquelle (VG Scienta VUV5000) verwendet. Die Energie- und Winkelauflösung in unseren Experimenten lagen über 30 meV bzw. 0,3° (entsprechend 0,01 Å−1). Alle Experimente wurden bei Raumtemperatur durchgeführt. ARPES ist eine extrem oberflächenempfindliche Technik. Um Photoelektronen sowohl aus der WS2- als auch aus der Graphenschicht auszustoßen, wurden Proben mit einer unvollständigen WS2-Bedeckung von ca. 40 % verwendet.

Der tr-ARPES-Aufbau basierte auf einem 1-kHz-Titan:Saphir-Verstärker (Coherent Legend Elite Duo). 2 mJ Ausgangsleistung wurden zur Erzeugung hoher Harmonischer in Argon verwendet. Das resultierende extrem ultraviolette Licht passierte einen Gittermonochromator, der 100-fs-Abtastimpulse mit 26 eV Photonenenergie erzeugte. 8 mJ Verstärkerleistung wurden in einen optischen parametrischen Verstärker (HE-TOPAS von Light Conversion) eingespeist. Der Signalstrahl mit 1 eV Photonenenergie wurde in einem Beta-Bariumborat-Kristall frequenzverdoppelt, um die 2-eV-Pumpimpulse zu erzeugen. Die tr-ARPES-Messungen wurden mit einem hemisphärischen Analysator (SPECS PHOIBOS 100) durchgeführt. Die Gesamtenergie- und Zeitauflösung betrug 240 meV bzw. 200 fs.

Ergänzendes Material zu diesem Artikel ist verfügbar unter http://advances.sciencemag.org/cgi/content/full/6/20/eaay0761/DC1

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Von Sven Aeschlimann, Antonio Rossi, Mariana Chávez-Cervantes, Razvan Krause, Benito Arnoldi, Benjamin Stadtmüller, Martin Aeschlimann, Stiven Forti, Filippo Fabbri, Camilla Coletti, Isabella Gierz

Wir zeigen eine ultraschnelle Ladungstrennung in einer WS2/Graphen-Heterostruktur, die möglicherweise eine optische Spininjektion in Graphen ermöglicht.

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© 2020 American Association for the Advancement of Science. Alle Rechte vorbehalten. AAAS ist Partner von HINARI, AGORA, OARE, CHORUS, CLOCKSS, CrossRef und COUNTER.Science Advances ISSN 2375-2548.


Veröffentlichungszeit: 25. Mai 2020
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